(München, 18. November 2019): Als Beginn der globalen Finanzkrise gilt der 9. August 2007 – an diesem Tag stiegen die Zinsen für Interbankfinanzkredite sprunghaft an. Ihren Höhepunkt erreichte die Krise mit dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers am 15. September 2008.
Was ist Immobilienverwaltern bei der Anlage von Instandhaltungsrücklagen und Mietkautionen zu raten?
Die Finanzkrise veranlasste mehrere Staaten, sogenannte systemrelevante Finanzinstitute im Wege von Kapitalerhöhungen in enormer Höhe mittels – vor allem staatlichem – Fremdkapital, aber auch Eigenkapital zu sichern. Einige Banken wurden verstaatlicht und später geschlossen. Die ohnehin hohe Staatsverschuldung vieler Länder stieg in der Folge stark an, insbesondere die der USA.
Auch wurden die Leitzinsen niedrig gehalten bzw. weiter gesenkt, um eine Kreditklemme zu verhindern beziehungsweise abzumildern. Dennoch übertrug sich die Krise durch Produktionssenkungen und Unternehmenszusammenbrüche auf die Realwirtschaft.
Ab 2009 folgte auf die Finanzkrise die Eurokrise. Als ihr Auslöser gilt die Mitteilung der neugewählten griechischen Regierung, dass die Nettoneuverschuldung 2009 nicht, wie von der Vorgängerregierung (vorsätzlich falsch) angegeben, rund sechs Prozent des Bruttoinlandprodukts betrage, sondern mindestens das Doppelte.
Neben der Europäischen Union hat die Europäische Zentralbank (EZB) diverse Maßnahmen ergriffen um für Stabilität der Finanzen im Euroraum, insbesondere der PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland, Spanien), aber auch Frankreichs sowie von deren Banken, zu sorgen. Wesentlich sind hierbei das sogenannte Anleihenaufkaufprogramm und die Senkung des Einlagesatzes, eines Leitzinssatzes der EZB. Der Einlagesatz sank von drei Prozent (13. Juni 2007) vor der Finanzkrise auf –0,5 Prozent seit dem 18. September 2019.
Die stabile finanz- und wirtschaftspolitische Situation sowie die sehr guten Ratings von AAA (S & P, Moody`s, Fitch) der Bundesrepublik Deutschland führten zudem dazu, dass die Zinsen in Deutschland mit am niedrigsten im Euroraum sind.
Die geschilderte finanz- und wirtschaftspolitische Gemengelage und das damit einhergehende aktuelle zinspolitische Umfeld haben weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche Branchen, so auch auf die Immobilienbranche. Hausverwalter müssen sich insbesondere mit der Frage auseinandersetzen, wie sie clever mit der Instandhaltungsrücklage und der Mietkaution verfahren und gleichzeitig die gesetzlichen Anforderungen erfüllen.
Hausverwalter müssen Instandhaltungsrücklage zinsgünstig investieren
Hausverwaltungen haben gemäß § 21 Abs. 5 WEG eine angemessene Instandhaltungs-rücklage anzusammeln.
Über die Art und Weise der Geldanlage trifft das Wohnungseigentumsgesetz keine Aussage. Hat die Eigentümergemeinschaft keine Weisungen erteilt (hierzu ist sie aufgrund § 27 Abs. 1 WEG berechtigt) oder sind hierzu in der Gemeinschaftsordnung keine Regelungen getroffen, hat die Hausverwaltung sich an den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 21 WEG zu orientieren. So muss die Verwaltung zumindest eine zinsgünstige Anlage der nicht unmittelbar oder kurzfristig benötigten Gelder bewirken (BayObLG, NJW-RR 1995, 530).
Eine WEG-Verwaltung trägt nämlich eine besondere Verantwortung für die Gelder der Wohnungseigentümer und ist zur Sorgfalt verpflichtet. Deshalb muss sie nach Auffassung der Richter auch darüber wachen, dass die Eigentümer keine allzu riskanten Entscheidungen treffen, oder muss zumindest versuchen, dies zu verhindern.
Diese Beschränkung der Anlagemöglichkeiten und Anlagedauer führt dazu, dass nur Tagesgelder, Festgelder und Spareinlagen sowie kurzfristige festverzinsliche Wertpapiere mit 100prozentiger Rückzahlungsgarantie für die Anlage der Instandhaltungsrücklage zur Verfügung stehen.
Gerade bei diesen Anlageformen ist in Deutschland aufgrund der oben skizzierten Situation zu erwarten, dass sie keinen oder nur noch einen negativen Zins erbringen.
Gleichzeitig muss die Zinslage vor dem Hintergrund der gravierenden strukturellen Veränderung des deutschen Kreditwesens betrachtet werden. Viele Banken in Deutschland berechnen bereits seit dem Jahr 2017 bei institutionellen Anlegern, Firmenkunden und großen Einlagen von Privatkunden Negativzinsen.
Nur wenige Kreditinstitute werden im Jahr 2020 noch einen geringen Zins auf Kontoguthaben bezahlen. Im günstigsten Fall wird die Verzinsung maximal bei Null Prozent liegen, oftmals werden Negativzinsen berechnet werden. Insbesondere die Annahme neuer Gelder beim Verschieben von Guthaben von Bank A nach Bank B wird zukünftig von der aufnehmenden Bank mit Negativzinsen und/oder weiteren Gebühren belegt werden.
Instandhaltungsrücklage als Eigenkapital für Modernisierung nutzen
Ein Ausweichen auf die Geldanlage bei ausländischen Kreditinstituten ist keine Option, da diesen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtskonstrukt unbekannt ist und die Deckung nach § 7 Absatz 5 Einlagensicherungsgesetz von 100.000 Euro je Eigentümer nicht greift, da diese nur für deutsche Kreditinstitute gilt.
Was bleibt als Alternative, wenn eine Geldanlage keine Zinsen mehr bringt? Die Gebäude vieler WEGs wurden in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren gebaut und entsprechen in vielen Fällen nicht mehr den aktuellen oder zukünftig erforderlichen energetischen Voraussetzungen, um die nationalen Klimaziele zu erreichen.
Verwalter sollten daher in der Eigentümerversammlung darauf dringen, dass notwendige Modernisierungsmaßnahmen (Heizung, Fenster, Fassade, Dach etc.) zügig beschlossen und durchgeführt werden. Für diese Maßnahmen sollte die Instandhaltungsrücklage eingesetzt werden. In vielen Fällen reicht diese jedoch nicht aus. Die Kreditinstitute stehen hier mit Darlehen für Wohnungseigentümergemeinschaften, sogenannten WEG-Darlehen mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einer zehnjährigen Zinsbindung, die in der aktuellen Zinssituation sehr günstig sind, bereit und die Instandhaltungsrücklage kann als Eigenkapital dienen. Darüber hinaus können bei energetischen Sanierungsmaßnahmen zinsgünstige KfW-Förderdarlehen eingebunden werden.
Wegen der teilweise komplexen Materie macht es Sinn, dass Hausverwalter und die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Berater hinzuziehen.
Auch die für Anfang 2020 geplanten Änderungen des WEG zur E-Mobilität werden weitere Investitionen bei den Gemeinschaften erforderlich machen, für deren Finanzierung ebenfalls WEG-Darlehen in Betracht kommen.
Mietkautionen müssen verzinslich angelegt werden
Bei Mietkautionen ist es in Deutschland in der überwiegenden Zahl der Fälle üblich, dass der Vermieter eine Barkaution vom Mieter fordert. Der Vermieter hat diese Gelder getrennt von seinem übrigen Vermögen zu verwalten. Er hat sie insolvenzfest und verzinslich anzulegen (§ 551 Abs. 3 BGB). Der Mieter darf deshalb die Zahlung der Kaution an den Vermieter von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos abhängig machen. Die Verzinsung richtet sich mindestens nach dem Zinssatz für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist (§ 551 Abs. 3 BGB). Dies führt dazu, dass die Verzinsung der Mietkaution aufgrund des aktuellen zinspolitischen Umfelds bei nahezu 0,00 Prozent liegt.
Eine Alternative ist eine Mietkautionsbürgschaft, auch Mietaval genannt. Dabei gibt die Bank des Mieters dem Vermieter die Sicherheit, dass sie im Falle von Schaden oder Mietausfall dafür aufkommt, allerdings nur bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Kaution. Allerdings bieten nicht mehr so viele Banken einen Mietaval an, außerdem fallen jährliche Gebühren in Höhe von ca. 3 % des Avalbetrages an. Dazu kommt eine Bearbeitungspauschale. In Summe ist dies für den Mieter eine teure Variante.
Ebenfalls möglich ist eine Mietkautionsversicherung, bei der der Anbieter im Zweifelsfall für den Schaden einspringt. Dafür müssen Sie monatlich oder jährlich Beiträge zahlen. Diese liegen mindestens im hohen einstelligen Bereich jährlich, somit ebenfalls eine sehr teure Variante. Zudem muss beachtet werden, dass hier der Vermieter keinen Zugriff auf die Kaution hat und diese – wie beim Mietaval – erst anfordern muss.
Barkaution praktikabelste Variante
Wer als Vermieter weiter die einfachste und praktikabelste Form für die Mietsicherheit sucht, kommt um die Barkaution nicht herum. Der gesonderte Aufwand der Mietkautionsverwaltung wird von den meisten Kreditinstituten mit einer einmaligen oder jährlichen Gebühr in unterschiedlicher Höhe belegt.
Wichtig für den Hausverwalter ist hier, dass er als „Mietenverwalter“ Verträge mit dem Eigentümer der Immobilie geschlossen hat, welche ihm die Weiterbelastung dieser Gebühr gestatten bzw. er diesen Betrag in seine Verwaltervergütung mit eingerechnet hat.
Wichtig wird hier sein, dass die Mietverträge zukünftig eine Weiterbelastung der Kosten an den Mieter ermöglichen. Bis dato sind diese Gebühren ohne gesonderte Vereinbarung keine umlagefähigen Kosten. Im Rahmen der aktuellen Diskussion zu Mietpreisbremse und Mietendeckel ist dies sicherlich kein Leichtes.